Dieter Claessens
Dieter Claessens, geboren 1921 und gestorben 1997 in Berlin , war ein deutscher Soziologe und Anthropologe.
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2 Werk und Wirkung 3 Werkauswahl 4 Über Dieter Claessens |
Nach dem Abitur und begonnenem Studium der Theaterwissenschaft in Berlin, dann Fronteinsatz und (bis 1949) russischer Kriegsgefangenschaft und zunächst einer Ausbildung als Sozialarbeiter, studierte er Soziologie, Anthropologie, Psychologie und Ethnologie an der Freien Universität Berlin. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1957 arbeitete er dort als Assistent. 1960 wechselte er zur Sozialforschungsstelle an der Universität Münster und habilitierte sich bei Helmut Schelsky für „Soziologie". 1962-66 war er Professor an der Universität Münster, sodann bis zur Emeritierung an der FU Berlin; zugleich 1974-78 Rektor der Berliner „Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpsychologie". Bis zuletzt Forscher und Anreger starb er jäh 1997.
Claessens' ausgesprochenes Beobachter- und Entdeckertemperament bestimmte seine eindrucksvolle Reihe von Publikationen, bahnbrechend vor allem in seiner Kombination anthropologischer, biosoziologischer und soziologischer Ansätze zur Erforschung der Onto- und Phylogenese des Menschen. Obwohl zumal von Norbert Elias' Prozessanalysen beeindruckt (den er fast als Erster propagierte), war er ein durchaus selbständiger und innovativer Forscher, Autor und Herausgeber. Bereits seine Habilitationsschrift „Familie und Wertsystem" legte (in Auseinandersetzung mit Scheler, Plessner und Gehlen) eine im Folgenden dann einflussreiche Theorie zur Entwicklung des Menschen vom Neugeborenen zum Kleinkind vor: Nach ihm hat – z. B. – der Mensch (gegenüber dem Tier) seine Instinkte nicht einfach eingebüßt (Gehlen), sondern aufzufindende „Instinktbauprinzipien" beibehalten und (anthropologisch ermittelbar) differenziert entwickelt. Claessens' bahnbrechende Studie „Das Konkrete und das Abstrakte" untersuchte dann entsprechend die Menschwerdung diesseits des Tier-Mensch-Übergangsfeldes. Aus einer Flut nach-1968er Polemiken ragte seine vorzügliche und abgewogene Studie „Kapitalismus als Kultur" heraus. Sein klarer und unverblümter Stil und trockener Humor kamen seinen Lesern, zumal denen seiner Einführungsschriften und seiner Spezialstudien (etwa zur Rationalität, zum Fahren im Verkehrsfluss, zur Familie, zur Elite oder zur politischen Gewalt) zu Gute. In der akademischen Lehre prägten sein Sinn für Gerechtigkeit und seine hochschulpädagogische Gabe Viele. Eine Anzahl davon wurden angesehene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ohne dass er eine &sbquoSchule‘ begründet hätte. Seine insgesamt starke wenngleich stille Wirkung auf viele Forschungen (auch der Nachbardisziplinen) haben bis zur Aussage geführt, unter den nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgetretenen deutschen Soziologen sei er der bedeutendste gewesen (L. Clausen 1995, Soziologiekongress Halle).
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