Igor Fjodorowitsch Strawinski
Igor Fjodorowitsch Strawinski (russisch Игорь Фёдорович Стравинский; * 17. Juni 1882 in Oranienbaum, Russland; † 6. April 1971 in New York City, USA) war ein Komponist moderner klassischer Musik und ist am bekanntesten für sein Werk Die Frühlingsweihen (Le Sacre du Printemps).
Strawinski wurde in Oranienbaum (heute Lomonossow) in der Nähe von Sankt Petersburg geboren. Er starb in New York City und wurde in Venedig auf der Friedhofsinsel San Michele begraben.
Strawinski war in hohem Maße ein Produkt seiner Zeit. Aufgewachsen in einem Apartment in St. Petersburg, dominiert von Vater und älterem Bruder, in jungen Jahren mit seiner Kusine verheiratet, bereits früh bekannt mit führenden russischen Dirigenten und Komponisten, scheint sein Leben von einer Art "Schnellkochtopf-Effekt" bestimmt als er 1910 ersmals nach Paris reist, um dort den Feuervogel so wie die Nachfolgewerke Petruschka und Die Frühlingsweihen aufzuführen. In diesen Werken zeigt Strawinsky mehr als nur unterschwellig eine "lange Nase", oder - wie Strawinsky selber es ausdrückte - "sending them all to hell".
Dass er sich trotz des Aufwachsens in einer derart restriktive Umgebung eine intakte Persönlichkeit bewahrte, ist Zeugnis für seinen unstillbaren Entdeckerdrang, der sein ganzes Leben lang anhalten sollte. Er legte ein unermüdliches Verlangen an den Tag, über Kunst, Literatur und das Leben selber zu lernen und zu forschen. Es überrascht wenig, dass seine russische Vergangenheit mit dem nach innen gerichteten Kulturleben schon bald sehr eingeschränkt und provinziell auf ihn wirkte und sein Verlangen nach der Außenwelt erhöhte.
Relativ kleinwüchsig und nach konventionellen Maßstäben nicht unbedingt eine Schönheit, war Strawinsky, wie viele Bilder zeigen, bemerkenswert fotogen. Nachdem zumindest der physischen Seite seiner Ehe mit Ekaterina ein Ende gesetzt wurde, als diese an Tuberkulose erkrankte, scheint Strawinski mühelos die Beachtung erstklassiger Partner wie Coco Chanel auf sich gezogen zu haben.
Auch Mäzene waren nie weit. In den frühen Zwanzigern ließ Stokowski ihn regelmäßig durch einen Strohmann unterstützen – auch war Strawinski in bemerkenswertem Maße stets in der Lage, Kommissionen zu gewinnen – der Großteil seiner Werke seit dem Feuervogel wurde für spezielle Anlässe komponiert und bezahlt. Igor Strawinski war somit in der Lage, dem Problem so vieler Komponisten zu entgehen, einer gewöhnlichen täglichen Arbeitsstelle.
Für jemanden, der in einer derart einschränkenden Umgebung aufwuchs, zeigte er sich als bemerkenswert erfahrener "Mann von Welt", er erwarb im Gegensatz zu den meisten Komponisten darüber hinaus ein feines Gespür für Geschäftsangelegenheiten (obwohl nicht verschwiegen werden sollte, dass seine Copyright-Probleme ebenfalls legendär sind). Entspannt und ohne Probleme trat er auf den Bühnen dieser Welt auf: in Paris, Venedig, Berlin, London und New York trat er erfolgreich als Pianist und Dirigent auf. Hierin zeigt sich ein Schlüssel zu seiner Persönlichkeit. Die meisten Leute, welche aufgrund von Aufführungen Beziehungen zu ihm unterhielten, beschrieben ihn als höflich, zuvorkommend und hilfsbereit. Otto Klemperer beispielsweise, der auch Schönberg gut kannte, beschrieb Strawinsky als stets viel kooperativer und unkomplizierter. Gleichzeitig legte Strawinsky hingegen eine aristokratische Geringschätzung gesellschaftlich geringer Gestellter an den Tag: Robert Craft war peinlich berührt von Strawinskys Angewohnheit, in Restaurants mit einer Gabel an ein Glas schlagend laut Aufmerksamkeit zu verlangen.
Strawinski war ein Familienmensch, der einen beachtlichen Teil seiner Zeit, Anstrengungen und Ausgaben auf seine Söhne und Töchter verwendete. Zurückgezahlt wurde dies nach seinem Tode durch ein wildes Gezanke um seinen Besitz und Aufführungsrechte, was seiner Witwe Vera die verbleibenden Jahre verbitterte.
Diese bemerkenswerte Dame war, als Strawinski sie traf, mit dem Maler und Bühnenbildner Serge Sudeikin verheiratet, aber er fing bald eine Affäre mit ihr an, worauf sie ihren Ehemann verließ. Von diesem Zeitpunkt an führte Strawinsky bis zum Tod seiner Frau (1939) ein Doppelleben, in dem er seine Zeit zwischen seiner ersten Familie und Vera aufteilte. Ekaterina Strawinski erfuhr bald von der Beziehung und akzeptierte sie als unausweichlich und dauerhaft. Nach ihrem Tod heirateten Strawinsky und Vera in New York (1940), wohin sie aus Frankreich vor dem Krieg geflohen waren. (Der Russe Strawinski war im Deutschland der Zeit des Nationalsozialismus nicht erwünscht.)
Für den Rest seines Lebens unterstützte Vera Strawinsky ihn zunehmend in der zunächst fremden Umgebung, es existieren zahlreiche Geschichten über ihre unermüdlichen Bemühungen um sein Wohlergehen und die Ruhe, die er zum Komponieren benötigte. Zwar hatte sich Strawinsky an das Leben in Frankreich gewöhnt, aber mit 58 Jahren nach Amerika auszuwandern war eine andere Angelegenheit. Eine Zeit lang unterhielt er einen Freundeskreis aus ausgewanderten russischen Freunden und Kontakten, letztendlich erkannte er aber, dass dies sein künstlerisches und berufliches Leben in den USA nicht würde unterstützen können. Als er zusammen mit W. H. Auden eine Oper plante, traf die Notwendigkeit, mehr Vertrautheit mit der englischsprechenden Welt zu gewinnen mit der Ankunft des Komponisten und Musikers Robert Craft in seinem Leben zusammen. Dieser blieb bis zu seinem Tod mit ihm zusammen und fungierte als Übersetzer, Chronist, assistierender Dirigent und factotum für unzählbare musikalische und gesellschaftliche Aufgaben.
Strawinski verfügte über einen breit gefächerten Literaturgeschmack, der sein fortwährendes Verlangen nach neuen Entdeckungen widerspiegelt. Die Texte und Literaturquellen seiner Arbeit begannen mit einem Interesse an russischer Folklore, erstreckten sich über klassische Autoren und die lateinische Liturgie bis hin zu gegenwärtiger französischer (André Gide, Persephone) und englischer Literatur, Auden, Eliot, die 1611 Bibel und mittelalterliche englische Dichtung. Gegen Ende seines Lebens setzte er sogar hebräische Schrift in Abraham und Isaak ein. In seinen späteren Jahren war er ein begeisterter Anhänger des Spiels Scrabble.
Igor Strawinski besitzt einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame im 6340 Hollywood Boulevard. In Paris ist ein Platz nach ihm benannt, auf dem ein Strawinsky-Brunnen steht, der seine Werke skulptural umsetzt.
Biografie
Die Person Strawinski
Weblinks