Virus
Dieser Artikel behandelt das Virus als Krankheitserreger. Für weitere, siehe bitte Computervirus, Radio Virus, Virus (Film).Als Virus (Singular: das Virus, Plural: Viren; von lat virus, für "Schleim, Saft, Gift") bezeichnet man in der Biologie einen infektiösen Partikel aus einem Strang Erbmaterial DNA (Desoxyribonukleinsäure) oder RNA (Ribonukleinsäure) in einer Proteinkapsel (Kapsid), die ihrerseits wiederum von einer Lipidhülle umgeben sein kann. Viren ohne Proteinkapsel und Lipidhülle bezeichnet man als Viroide.
Viren sind Parasiten: Sie infizieren einen Wirtsorganismus, um seinen Stoffwechsel für ihre eigene Vermehrung zu benutzen. Viren im engeren Sinne befallen Zellen von Menschen, Tieren oder anderen Eukaryoten, im Unterschied zu Phagen, die Bakterien als Wirte nutzen. Dabei ist die typische Virusinfektion eine Lokalinfektion an den Atemwegen oder am Darm oder eine zyklische Allgemeininfektion.
Table of contents |
2 Entwicklung 3 Vermehrung 4 Viren und Viruskrankheiten (Auswahl) 5 Kontroversen 6 Virologie 7 Literatur 8 Weblinks |
Die Größe von Viren liegt zwischen 10 und 1000 Nanometern. Am größten sind mit 350nm die Pockenviren, die man sogar unter dem Lichtmikroskop als kleine Partikel sehen kann. Sonst ist die Form von Viren nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar. Zum Vergleich: Tabakmosaikviren (300 nm), Bakteriophage (200 nm), Herpesviren (200 nm), Masernviren (180 nm), Tollwutviren (180 nm), Grippeviren (100 nm), Adenovirenviren (90 nm), Rötelnviren (80 nm) und Polioviren (25 nm). Die Struktur der Proteinhülle, und damit die Virusart, kann u.a. durch Kristallisation und Röntgenbeugung entschlüsselt werden. Das Gewicht beträgt ca. 10 Attogramm.
Viren können behüllt sein (mit Lipidhülle) oder unbehüllt. Das Proteinkapsid kann unterschiedliche Form haben, z.B. ikosaederförmig, isometrisch, helikal, geschoßförmig.
Nach ihrer Erbinformation unterteilt man Viren in:
Unter Viren (Klassifikation) findet sich eine genauere Unterteilung.
Die Lipidhülle stammt von der Wirtszelle und dient zur Tarnung vor dem Immunsystem. Behüllte Viren sind besser geeignet, chronische oder latente Infektionen hervorzurufen (HIV, chronische Hepatitis B, C oder D, Herpes). Sie werden aber leicht deaktiviert, wenn die Hülle austrocknet oder sonstwie chemisch angegriffen wird (Seife, Gallensäuren). Deshalb werden behüllte Viren meist durch Tröpfcheninfektion übertragen und infizieren dann den Atemtrakt (Lokalinfektion). Manche erzeugen von dort aus auch eine zyklische Allgemeininfektion (Kinderkrankheiten: Masern, Mumps, Röteln, Ringelröteln, Drei-Tage-Fieber, Windpocken). Manche werden sogar nur durch mehr oder weniger direkten Blutkontakt übertragen. Dabei spielt dann auch die Replikationsrate eines Virus, also die Zahl der Kopien pro Milliliter Blut (Viruslast) eine Rolle. Hepatitis B ist ein sehr stark replizierendes Virus, hier können Blutspritzer auf der scheinbar intakten Haut genügen, um durch Mikroläsionen einzudringen. HIV wird hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr übertragen, besonders bei homosexuellen Männern. Bei Hepatitis C dagegen ist selbst das sehr selten, es wird hauptsächlich durch infizierte Spritzen o.ä. übertragen.
Unbehüllte Viren können sehr umweltstabil sein und sowohl Austrocknung als auch Desinfektionsmittel überstehen. Hygienische Maßnahmen (Händewaschen, Putzen) dienen hier eher dazu, möglichst viele Viren wegzuschwemmen. Teilweise läßt sich Übertragung innerhalb eines Haushalts aber kaum vermeiden. Sie werden also leicht als Schmierinfektion übertragen und infizieren den Darm, meist als Lokalinfektion, seltener als zyklische Allgemeininfektion (z.B. Poliovirus). Sie bleiben nicht chronisch.
Verschiedene Virentypen
Plasmodiidae --> |
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Viren sind vermutlich später als andere Lebewesen entstanden, da sie auf letztere angewiesen sind. Entstehungsmechanismen lassen sich im Zusammenhang mit Plasmiden oder Transposonen verstehen. Für eine späte Entstehung spricht auch, dass Viren, die Eukaryoten befallen, das alternative Splicing der Eiweißsynthese nutzen. Dementsprechend besitzt ihr Erbgut variante Introns und Exons.
Im Virus selbst finden keine Stoffwechselvorgänge statt, daher braucht es Wirtszellen zur Fortpflanzung.
Der Replikationszyklus eines Virus beginnt im Allgemeinen, wenn es sich an eine Wirtszelle anheftet und sein Erbmaterial ins Zellinnere bringt.
Das Erbmaterial des Virus wird anschließend im Wirtsstoffwechsel mitverarbeitet, wobei sein Nukleinsäurebestandteil vervielfältigt wird und seine Proteinbestandteile anhand der Gene im Virusgenom synthetisiert werden.
Die so neu gebildeten Viren werden freigesetzt, indem entweder die Zellmembran aufgelöst wird (Zell-Lyse, lytische Virusvermehrung), oder indem sie sezerniert werden, wobei Anteile der Zellmembran als Bestandteil der Virushülle mitgenommen werden.
Bei Menschen können eine Vielzahl von Krankheiten durch Viren veursacht werden, u. A. durch:
Behüllte Viren:
Bei Pflanzen siehe unter Blattrollkrankheit
Seit einigen Jahren zieht der umstrittene Virologe Stefan Lanka die Pathogenität von Viren und teilweise auch deren Existenz in Zweifel. In der Tat stammen viele Beweisführungen für die virale Pathogenität aus einer Zeit, in der keine wissenschaftlichen Publikationsmethoden und Peer Review-Mechanismen vorhanden waren. Jedoch liegen bisher keine publizierten Nachweise vor, die seine Auffassungen stützen.
Umstritten ist ein möglicher evolutionsgeschichtlicher Einfluss von Viren auf komplexe Organismen. Dieser ist in der Mikrobiologie unumstritten. Mechanistisch würde dadurch eine sprunghafte Evolution (so genannter Punktualismus), ein Gegenkonzept zum Neodarwinismus (vertreten durch Richard Dawkins), logisch erscheinen. Eine empirische Beweisführung dürfte sich allerdings schwierig gestalten.
Die Diskussion wird in der wissenschaftlichen Gemeinschaft mit niedriger Intensität geführt.
Umstritten ist auch, ob Viren Lebewesen seien oder nicht. Einerseits fehlen ihnen einige Merkmale von Lebewesen, wie eigenständige Vermehrung (sie brauchen Wirtszellen) und eigener Stoffwechsel, andererseits zeigen sie Eigenschaften des Lebens, wie Vermehrung, Vererbung und Mutation.
Die Virologie (von lateinisch virus: Gift und griechisch logos: Lehre) beschäftigt sich mit Viren, deren Eigenschaften und Vermehrung, sowie der Prävention und Behandlung von Viruserkrankungen.
Die erste bekannte Anwendung des Wissens über Viren findet sich bereits 1000 Jahre v. Chr. in China. Dort wurde der Schorf der Wunden von Pockenkranken, welche die Krankheit überlebt hatten, zu Staub gemahlen und inhaliert, um vor Pocken zu schützen (impfen). Im Jahre 1796 benutzte Edward Jenner ein ähnliches Verfahren, um den 8jährigen James Phipps gegen Pocken zu impfen.
Die moderne Virologie nutzt vor allem molekularbiologische und molekulargenetische Untersuchungsverfahren und beschäftigt sich mit der Gestalt und Größe, dem Aufbau, der chemischen Zusammensetzung und dem Nachweis von Viren, des weiteren mit ihrer Vermehrung, ihrer Übertragung und ihren krankheitsauslösenden Eigenschaften. Erforscht werden auch die Wechselwirkungen der Viren mit ihren Wirtszellen. Die Virologie versucht ferner, die Vielzahl der existierenden Viren zu klassifizieren.
Siehe auch: Virusinfektion - Virostatikum - Computervirus - Prion
Entwicklung
Vermehrung
Viren und Viruskrankheiten (Auswahl)
Unbehüllte Viren:
Bei Tieren siehe unter Maul- und Klauenseuche, Rinder-, Schweine-, Hühnerpest und TollwutKontroversen
Virologie
Literatur
Weblinks