Antike
Der Begriff Antike (von lat. antiquus, alt, altertümlich) bezeichnet die Epoche des Altertums im Mittelmeerraum. Sie reicht etwa von 800 v. Chr bis 500 n. Chr und unterscheidet sich von vorhergehenden und nachfolgenden Epochen durch gemeinsame und durchgängige kulturelle Traditionen. Im engeren Sinne bezeichnet man mit der Antike die Geschichte des archaischen und klassischen Griechenland, des Hellenismus und des Römischen Reichs.Im weitesten Sinne bezieht die Antike auch die Geschichte der altorientalischen, nahöstlichen Hochkulturen Ägyptens, Mesopotamiens, Syriens und Kleinasien mit ein, die etwa mit dem Beginn der Schriftlichkeit um 3500 v. Chr einsetzt. Dieser universalhistorische, über die Klassische Altertumswissenschaft hinausgehende Ansatz wurde wurde u.a. von dem Historiker Eduard Meyer im 19. Jahrhundert gefordert.
Historisch bezeichnet Antike im Sinne der klassischen Altertumswissenschaft die Zeit von der allmählichen Herausbildung der griechischen Staatenwelt bis zum Ende des weströmischen Reichs im Jahr 476.
Der Anfang der antiken Kultur im klassischen Sinne wird im Allgemeinen mit der Entstehungszeit der Homerischen Epen und dem Beginn der griechischen Kolonisation des Mittelmeerraums im 8. Jahrhunderts v. Chr angesetzt. Die Griechen verbreiteten ihre Bildung und Kultur in den folgenden Jahrhunderten im gesamten Mittelmeerraum und seit Alexander dem Großen auch im Orient und nach Zentralasien hinein. Die Römer brachten die antike Kultur bis nach Mittel- und Nordwesteuropa, wo sie sich seit dem frühen Mittelalter zur christlich-abendländischen Kultur wandelte.
Je nach Forschungsrichtung werden aber auch die Zeiten der minoische und die Mykenische Kultur von etwa 1900-1100 v. Chr sowie die Epoche der so genannten "dunklen Jahrhunderte" 1100-800 v. Chr zur griechisch-römischen Antike gerechnet.
Als Epochengrenzen zum Mittelalter sind auch die Jahre 325 (Konzil von Nicäa), 393 (letzte Olympische Spiele der Antike), 498 (Taufe des Frankenkkönigs Chlodwig I, 529 (Gründung des ersten abendländischen Mönchsklosters durch Benedikt von Nursia und Tod des letzten antiken Philosophen Boëthius) oder die Eroberungszüge der Araber im 7. Jahrhundert vorgeschlagen worden. Im Allgemeinen wird das Ende der Antike heute etwa mit dem Jahr 500 angesetzt.
Die Ursprünge der europäischen Antike liegen im Dunklen. Ihre Vorgeschichte ist etwa in der Zeit von 1900-1400 v. Chr, in der so genannten minoischen Kultur auf Kreta anzusiedeln. Aus dieser Frühzeit sind einige schriftliche Überreste erhalten (u.a. sog. Linearschrift A), die aber bisher nicht vollständig entschlüsselt werden konnten. Die Texte der entschlüsselten Linearschrift B deuten darauf hin, dass der Palast von Knossos damals ein wirtschaftliches Zentrum Kretas war.
Auf dem griechischen Festland blühte etwa zur gleichen Zeit (etwa 1700-1200 v. Chr) die mykenische Kultur, die uns archäologisch durch die zahlreiche Burgen überliefert ist, z.B. Mykene und Tiryns auf der Halbinsel Peloponnes. Diese Burgen entstanden wohl unter dem Einfluss der minoischen Palastkultur. Etwa 1100-800 v. Chr setzt man das "Dunkle Zeitalter" an, aus dem uns nur wenig überliefert ist und in der viele der Burgen zerstört worden zu sein scheinen. Von ca. 1050-900 v. Chr dauerte die Ionische Wanderung, in deren Verlauf die Einwohner des griechischen Festlandes die Inseln der Ägäis und Kleinasiens kolonisierten.
Mit dem so genannten archaischen Zeitalter beginnt im frühen 8. Jahrhundert v. Chr die eigentliche Antike. Seit dem Jahr 776 v. Chr ist die Siegerliste der olympischen Spiele überliefert. Von etwa 770 bis 540 v. Chr breiteten sich die Griechen während der Großen Kolonisation im westlichen Mittelmeer, an der nördlichen Ägäis und am Schwarzen Meer aus. In dieser Zeit (etwa zwischen 750 und 650 v. Chr) wurden auch die Homerischen Epen (Ilias, Odyssee) schriftlich fixiert, die ältesten Literaturdenkmäler des Abendlands. (siehe: altgriechische Literatur)
Zugleich bildete sich das System der griechischen Stadtstaaten, der Poleis heraus. Sparta im Süden der Peloponnes unterwarf 720-600 v. Chr. Messenien und kontrollierte damit den gesamten südwestlichen Teil der Halbinsel. Die Stadt mit ihrer oligarchischen Verfassung kann als das erste Beispiel der fortan beherrschenden Polis-Struktur gelten. Auch in vielen anderen griechischen Stadtstaaten regelten Verfassungen das Zusammenleben der Bürger, aber auch die Tyrannis, wie sie um 650 v. Chr beispielsweise in Korinth und Megara bestand, war keine Seltenheit. In Athen bildete sich Schritt für Schritt ein demokratisches System heraus. Nach den Gesetzgebungen Drakons (621 v. Chr) und Solons (594/593 v. Chr) gelang es Peisistratos und seinen Söhnen etwa zwischen 561 und 510 v. Chr noch einmal, eine Tyrannis zu errichten. Bis 501 v. Chr. brachten die Reformen des Kleisthenes aber den endgültigen Durchbruch für die attische Demokratie.
Mit der Gründung des Attischen Seebunds 477 v. Chr unter der Vorherrschaft Athens setzte die Blütezeit der Stadt ein, die bis zum Ende der Regierungszeit des Perikles im Jahr 429 v. Chr reichte. Damals entstanden einige der bedeutendsten philosophischen, literarischen und architektonischen Werke der griechischen Antike, etwa die Tragödien von Aischylos, Sophokles und Euripides oder der Parthenontempel auf der Akropolis. Auch der Philosoph Sokrates wirkte damals in Athen.
Die zunehmende Rivalität zwischen der Seemacht Athen und der Landmacht Sparta mündete 431 v. Chr in den fast 30 Jahre währenden Peloponnesischen Krieg. Er endete 404 v. Chr mit der Niederlage Athens und der Errichtung einer zeitweiligen spartanischen Hegemonie über Griechenland.
In der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr führen die griechischen Städte einen fast permanenten Krieg aller gegen alle - in wechselnden Koalitionen und unter fortwährender Einmischung der Perserkönige. Theben löste Sparta 371 v. Chr nach der Schlacht von Leuktra als Hegemon ab, doch auch Thebens Vorherrschaft war nicht von langer Dauer.
All dem machte erst die gewaltsame Einigung Griechenlands durch Philipp II von Makedonien ein Ende. Der von Athenern wie Demosthenes als nicht-griechischer Barbar betrachtete König errang in der Schlacht von Chaironeia 338 v. Chr die Hegemonie über Hellas, die im Jahr darauf im Korinthischen Bund bekräftigt wurde.
Nach der Ermordung Philipps 336 v. Chr führte sein Sohn Alexander der Große ein griechisch-makedonisches Heer nach Asien und eroberte in wenigen Jahren das gesamte Perserreich. Der Alexanderzug bahnte der griechischen Kultur im gesamten damals bekannten Orient den Weg, von Ägypten über Mesopotamien und Persien bis zu den Grenzen Indiens. Nach Alexanders Tod 323 v. Chr in Babylon teilten seine Nachfolger, die Diadochen in lange währenden Kriegen das Reich unter sich auf. In allen Teilreichen - vom ptolemäischen Ägypten im Westen bis zum Seleukidenreich im Osten bildete der Hellenismus in den folgenden Jahrhunderten die prägende Kultur.
Das Zeitalter des Hellenismus war geprägt von einem fast andauernden Kampf der drei Großmächte (Ptolemäer, Seleukiden und Antigoniden) um die Vorherrschaft. Rom interventierte zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr in Griechenland. Bis zum Jahr 146 v. Chr waren Makedonien und Griechenland römische Provinzen geworden. Bald darauf folgte der Erwerb Pergamons und 64/63 v. Chr die Beseitigung der Überreste des Seleukidenreiches. Als letzter Nachfolgestaat des Alexanderreichs wurde im Jahre 30 v. Chr das Ägypten der letzten ptolemäischen Königin Kleopatra VII ins Römische Reich eingegliedert. Damit war der Hellenismus als politischer Faktor ausgschaltet. Die griechische Kultur jedoch lebte mit unverminderter Kraft im Römischen Reich fort und prägte es bis zu seinem Untergang im Westen 476 und darüber hinaus bis in die Zeit des Byzantinischen Reichs.
Nach den Griechen wurden die Römer zu den zweiten Trägern und Vermittlern der der antiken Kultur. Je weiter sie als Eroberer in die Länder der Levante vordrangen, desto stärker ließen sie sich von deren Kultur beeinflussen. Literatur, Philosophie, Kunst, Architektur und Alltagskultur der Griechen wurden von den Römern nun auch im westlichen Mittelmeerraum verbreitet - und weit darüber hinaus bis zum Rhein und zu den britischen Inseln.
Rom, der Legende nach 753 v. Chr gegründet, entstand neueren Forschungen zufolge erst gegen Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr aus dem Zusammenschluss mehrerer dörflicher Siedlungen an einer Furt am Unterlauf des Tibers. Politisch und kulturell stand Rom lange unter etruskischem Einfluss. Die Etrusker wiederum unterhielten schon früh Kontakt mit griechischen Kolonisten.
Um 500 v. Chr befreiten sich die Römer vom etruskischen Stadtkönigtum und bildeten wohl um 475 v. Chr. eine republikanische Regierungsform aus. In den Zwölftafelgesetzen, die um 450 v. Chr entstanden, wurden die ersten zivil-, straf- und prozessrechtlichen Normen des römischen Rechts festgehalten. Die Verfassung sah von da an ein Zusammenwirken der drei Institutionen Senat, Magistratur und Volksversammlung vor, die sich in ihrer Macht theoretisch gegenseitig beschränkten. Die offizielle Bezeichnung der Republik lautete S.P.Q.R. für Senatus Populusque Romanus (dt.: Senat und Volk von Rom). Faktisch dominierte jedoch der Senat, der sich aus Angehörigen der adligen Familien, der Patrizier zusammensetzte. Aus ihm gingen auch die Konsuln hervor, die beiden auf ein Jahr gewählten obersten Magistrate der Republik. Das höchste, den nichtadligen Plebejern zugängliche Amt war das des Volkstribunen, der ein Vetorecht gegen Senatsbeschlüsse besaß.
Bis zum Jahr 272 v. Chr unterwarfen die Römer ganz Süditalien. In den Punischen Kriegen gegen die Seemacht Karthago im 3 und 2. Jahrhundert v. Chr begann der Aufstieg Roms zur antiken Supermacht, die für Jahrhunderte die gesamte Mittelmeerwelt beherrscht. In der Epoche der Bürgerkriege wandelte sich die Republik im 1. Jahrhundert v. Chr zum Kaiserreich. Bereits Julius Caesar hatte als Diktator auf Lebenszeit (dictator perpetuus) eine quasi-monarchische Stellung erlangt. Als erster römischer Kaiser gilt jedoch sein Großneffe und Erbe Augustus, dem es gelang, mit dem Prinzipat eine dauerhafte monarchische Staatsordnung an die Stelle der zerrütteten Republik zu setzen.
Das Kaiserrreich erlebte seine größte Blüte und Ausdehnung unter den Adoptivkaisern im 2. Jahrhundert. Allerdings wuchs bereits in dieser Zeit der Druck auf die Reichsgrenzen. Im Norden und Nordosten bedrängen die Germanen, im Osten die Parther und später die Sassaniden das Reich. Nach einer erneuten Zeit der Wirren unter der den rasch aufeinander folgenden Soldatenkaisern, gelang gegen Ende des 3. Jahrhunderts mit der Einführung der Tetrarchie durch Kaiser Diokletian noch einmal eine gewissen Stabilisierung. Diese Zeit der beginnenden Spätantike ist gekennzeichnet von Umbrüchen der alten Welt. Die Anerkennung des Christentums unter Kaiser Konstantin I und seine spätere Erhebung zur alleinigen Staatsreligion stellte bereits eine wesentliche Abkehr von der antiken Kultur dar, insbesondere von der antiken Philosophie und Religion. Ein letzter Versuch, die heidnischen Kulte durch die Verbindung mit neuplatonischem Gedankengut wieder zu beleben, scheiterte mit dem Tod Kaiser Julians im Jahr 363.
Nach der Teilung des Reiches unter den Söhnen des Kaisers Theodosius erwies sich nur das von Konstantinopel (Byzanz) aus regierte, überwiegend griechischsprachige, Oströmische Reich auf Dauer als lebensfähig. Das (West-)Römischen Reiches hatte dem Ansturm der Hunnen und Germanen immer weniger entgegenzusetzen. 410 wurde Rom von den Westgoten, 455 von den Vandalen geplündert. Im Jahr 476 setzte der Germanenfürst Odoaker, ein Skire, den letzten Westkaiser Romulus Augustulus ab. Die traditionelle Geschichtsschreibung sieht in diesem, damals nur wenig beachteten Akt das Ende der Antike . Im Oströmischen Reich lebten antike Kultur und Geisteswelt aber noch bis weit ins Mittelalter fort.
(vgl. auch Spätantike)
Die Bedeutung der Antike für den weiteren Verlauf der Weltgeschichte kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. In dieser Epoche begann die Entwicklung der westlichen Welt. Durch die Relativierung von Religion und einen Prozess der Aufklärung bis hin zu entwickelten philosophischen Systemen wurde die Wegscheide zwischen West und Ost, zwischen Okzident und Orient, zwischen Abendland und Morgenland markiert.
Bis heute erhaltene Zeugnisse der Antike sind neben überlieferten Texten philosophischer, literarischer oder historischer Natur, zahlreiche Objekte der griechischen und römischen Kunst: von großen Skulpturen bis zur Kleinkunst und Töpferei etc. Wichtige Antikensammlungen befinden sich in Rom, Athen, Neapel, Paris, London, München, St. Petersburg, Wien und Berlin. Für die Kenntnis des antiken Alltags sind vor allem archäologische Ausgrabungen wie die in Pompeji, Olympia, Delphi oder Pergamon von Bedeutung.
Als man im Italien des 15. Jahrhunderts die erhaltenen (meist römischen) Überreste neu zu schätzen lernte und in der Kunst nachahmte, bezeichnete man dies als Renaissance, als Wiedergeburt der Antike. Seit dem 18. Jahrhundert trat infolge der Arbeiten von Johann Joachim Winckelmann die klassische griechische Kunst zunehmend ins Zentrum des Interesses. Im 19. Jahrhundert sprach man im Zusammenhang mit den Arbeiten von Architekten und Künstlern, wie Karl Friedrich Schinkel, Franz Karl Leo von Klenze und Berthel Thorwaldsen von der "Renaissance der griechischen Antike".
Vor allem aber setzte die Wiedergeburt des antiken Geistes in der Renaissance setzte der jahrhundertelangen Dominanz religiösen Denkens ein Ende und mündete schließlich in die Epoche der europäischen Aufklärung und in die Moderne. Fast alle Ideen der modernen Aufklärung haben antike Vorläufer. Ohne griechische Wissenschaft und Philosophie, ohne das römisches Recht und ohne Architektur und Kunst von Griechen und Römern ist die westliche Zivilisation nicht denkbar.
siehe auch: Klassizismus, Philosophie der Antike
Geschichte
Epochenabgrenzung
Ursprünge der antiken Kultur
Klassisches Griechenland
Entstehung der Poleis
Blütezeit Athens
Mit Athens Unterstützung der kleinasistischen Griechenstädte im Ionischen Aufstand um 500 v. Chr, begann das klassische Zeitalter Griechenlands und der jahrhundertelange Konflikt mit dem Perserreich: die so genannten Perserkriege. Als die Perser zu einer Strafexpedition in Griechenland einfielen, wurden sie 490 v. Chr von den Athenern in der Schlacht bei Marathon besiegt. Zehn Jahre später unterlag der persische Großkönig Xerxes der athenischen Flotte unter Themistokles in der Seeschlacht von Salamis und 479 v. Chr den vereinigten Heeren der griechischen Poleis in der Schlacht von Plataiai. Kampf um die Hegemonie
Zeit des Hellenismus
Römisches Reich
Ursprünge Roms
Die Römische Republik
Das Kaiserreich
Nachleben und Bedeutung der Antike
Quellen
(Auswahl)
Literatur
(Überblickswerke)
Spezialisiertere Darstellungen:
Lexika (grundlegende):
Klassische (und oft auch in Teilen veraltete) Darstellungen:
Siehe auch
Weblinks